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17.11.22 – Atlasgebirge

Ein neuer Tag ohne Ausschlafen und diesmal sogar ohne Frühstück, da wir bereits 7.45Uhr beim College Mohamed 5 abgeholt wurden. Heute ging es ins Atlasgebirge. Jedenfalls nach meiner Erinnerung an die Buchung über Get your Guide. Wie weit der Kurztrip wirklich führen sollte, hatte ich nicht so richtig auf dem Schirm gehabt. Dazu später mehr.
Abgeholt wurden wir von einem Kleinbus mit Abdul, dem Fahrer, und Abdul, unserem Tourguide. Beide stammten aus dem Atlasgebirge und direkt aus der Region, in die wir heute fuhren. Bevor wir Marrakesch nach Süden verließen, sammelten wir noch einige Mitreisende ein, darunter ein Ehepaar aus den Niederlanden, mit dem wir uns während des Trips recht gut verstanden, da sie aus Deutschland stammte und wir uns so gut unterhalten konnten.

Die Berge, die sich zu Beginn und auch während der letzten Tage im Dunst versteckt hatten, rückten schnell näher und die ersten markanten Spitzen waren zu erkennen. Vorbei ging es an kleinen Dörfern, die sich an die rötlichen Felsen schmiegten, und grün bewachsenen Bergen und Tälern. Generell war die Landschaft bedeutend grüner, als ich erwartet hatte.
Wir hielten an einer Arganöl-Kooperative, die sich im Gegensatz zu unserem vorherigen Besuch in flachen Lehmhütten befand. Auch hier arbeiteten ausschließlich Frauen, meist alleinstehend, geschieden oder verwitwet. Wir wurden in eine der Hütten geführt, wo wir mit Tee und Brot begrüßt wurden, ehe man uns herumführte. Wieder sangen die Frauen für uns.
Hier erstand ich diesmal etwas Öl für die Haare und Eukalyptus-Splitter, die ich am Vortag auf dem Markt gesehen hatte, und die sich hervorragend zum Inhalieren eignen sollten.

Gegen Mittag erreichten wir Imlil, von wo aus unsere kleine Wanderung ins Gebirge starten sollte. Das Bergdorf liegt in einem teilweise bewaldeten Tal des Hohen Atlas in einer Höhe von ca. 1700 bis 1800m. Eine schmale Straße führte uns recht schnell einige Meter nach oben auf eine Anhöhe zwischen den Häusern, von wo wir einen tollen Blick auf das gesamte Tal hatten und die umliegenden Dörfer.

Wir folgten steilen Treppen und Wassergräben, immer wieder mit Ausblick auf die schneebedeckten Gipfel des Atlas, bis wir über schmale, löchrige Stege die Cascade imlil erreichten, einem kleinen, aber hübsch anzusehenden Wasserfall. Unterwegs wurden wir immer wieder von Straßenhändlern angesprochen, insgesamt wirkte die Strecke wie ein Touristenmagnet.

Doch wenig später wurde es wesentlich abgeschiedener. Durch Wälder und trockenen Flusstäler hindurch wanderten wir zu Abduls Dorf. Zwischenzeitlich waren die Pfade so schmal, dass keiner hätte entgegenkommen dürfen. Nach einem sehr steilen Anstieg über zig Treppen hatten wir es endlich geschafft. In Abduls orangefarbenen Wohnzimmer konnten wir erstmal wieder zu Luft kommen. Seine Mutter brachte uns Tee und Popcorn, später schaute auch seine kleine Tochter Jasmin neugierig vorbei.

Nach dieser kurzen Verschnaufpause wanderten wir weiter durch das Dorf, mussten dabei sogar einem halsbrecherischen Ziegenabtrieb ausweichen, die in einem enormen Tempo die Stufen hinab rannten und erst nach einigen hundert Metern von den Hüterinnen wieder eingesammelt werden konnten. Bis auf eine Ziege, die in die falsche Richtung weiterlief und die wir auch einige Zeit später noch meckern hörten.


In einem Restaurant mit wunderschönen Ausblick auf das Tal aßen wir zu Mittag. Jenny und ich saßen mit Birgit und ihrem türkischstämmigen Mann an einem Tisch. Es wurde Salat, Obst und Tajine mit Hähnchen und Couscous serviert, immer interessiert beäugt von einigen Katzen, die von Tisch zu Tisch schlichen und jedem Krümel hinterherjagten.

Von hier aus folgte der Teil, den ich nicht mehr auf dem Schirm gehabt hatte. Eine Fahrt in die Agafay-Wüste. Die Steinwüste liegt eine knappe Stunde von Marrakesch entfernt, mit Blick auf den Hohen Atlas. Die Fahrt dauerte etwa eine Stunde und von dem Geschaukel auf den unebenen Straßen und nach der Wanderung fielen den Meisten wenigstens kurzzeitig die Augen zu.
Nach und nach wandelte sich die Landschaft von dem dunklen Grün, wieder ins karge Rostrot, immer weniger Bäume zogen am Fenster vorbei.
Mit einiger Verspätung gelangen wir gegen 17 Uhr an einer Kamelfarm an. Die Sonne näherte sich allmählich dem Horizont und tauchte die steinige Umgebung in sanftes, beinahe dunstiges Licht. Im Garten servierte uns Abdul wieder den sehr süßen Minztee, ehe wir in bunte, traditionell anmutende Gewänder gezwungen wurden und es auf die Kamele ging. Das war der Teil, von dem ich vorher nichts gewusst hatte. Aber nun denn… Wenn man einmal da war, warum nicht, denn ich glaubte nicht, dass ich danach noch jemals wieder auf ein Kamel klettern würde. Allerdings hätten sie auch ruhig die Gewänder weglassen können, denn Jenny und ich kamen und schon etwas albern vor. Birgits Mann nahm vor der ganzen Aktion reißaus, ihm war das Ganze zu touristisch, was ich durchaus verstehen konnte. Jenny wirkte ähnlich angetan 🙂

Die Kamele knieten auf dem Boden, aneinandergereiht, damit wir einfacher aufsteigen konnten. Ich muss gestehen, ich hatte ziemlichen Bammel, besonders da einer unserer Mitreisenden vom Kamel fiel, nachdem dieses sich erschreckt hatte und urplötzlich aufstand. Diese Tiere sind aber auch verdammt hoch. Dementsprechend erfolgte das Aufstehen meines Kamels auch alles andere als leise, da ich so viel Schiss hatte und leider mein panisches Schreien nicht unterdrücken konnte. Und da saßen wir, hoch oben auf diesen Tieren, die alles andere als ruhig durch die Gegend staksten und wirklich wie Wüstenschiffe hin und her wiegten. Wenig entspannt für mich ging es als Gruppe auf eine Runde durch die Wüste.
Prinzipiell war die Landschaft wunderschön, besonders im Licht der späten Sonne. Allerdings hatte ich die ganze Zeit die Befürchtung, entweder vom Rücken des Kamels zu rutschen, meine Kamera fallen zu lassen oder wahlweise mein Handy zu verlieren, so dass ich froh war, endlich wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Natürlich konnte ich mein Unwohlsein beim Hinabknien des Kamels auch hier nicht verbergen und mit zittrigen Gliedmaßen musste ich erst einmal Luft holen. Und ich weiß definitiv, dass ich in Zukunft auch keine romantische 3-Tages-Tour auf Kamelen durch die Wüste machen werde. Aber hey, wir sind um eine Erfahrung reicher.

Die Sonne ging kurz nach dem Aufbruch von der Farm hinter den Bergen unter und zeichnete das Gebirge als scharfe Silhouetten nach. Ich fühlte mich stark an den Film König der Löwen erinnert. Netterweise hielten unsere Guides noch einmal für einige Fotos auf einer Düne, von wo aus wir das Schauspiel bewundern konnten.

Nachtrag 2023: Also im September 2023 in Marokko, direkt in Imlil, die Erde bebte, war ich schockiert. Es war nicht einmal ein Jahr her, als wir diese wunderbare und spannende Gegend besucht hatten. Bis heute frage ich mich, was mit den netten und Leuten passiert ist, die wir damals getroffen haben und ob es ihnen gut geht.