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16.11.22 – Marrakesch

Heute ließen wir uns mehr Zeit beim Frühstück, da wir den gesamten Tag in der Medina, der Altstadt von Marrakesch, verbringen wollten.
Dennoch verließen wir das Riad gegen 9 Uhr morgens, um die Zeit noch etwas alleine genießen zu können, bevor der Trubel in der Stadt wieder losbrach. Die Läden in den engen Gassen waren teilweise noch geschlossen und es waren verhältnismäßig wenig Leute unterwegs, dennoch wurden wir ab und zu von Leuten angesprochen, die uns sagten, wo wir hin sollten. Wir ignorierten sie und folgten lieber der Offline-Karte von Google Maps. Was allerdings dazu führte, dass wir uns auf dem Weg zum Bahia-Palast im Gassengewirr verliefen, da Mauern plötzlich aus dem Nichts auftauchten und das Navi verkündete, man habe sein Ziel erreicht, obwohl weit und breit kein Eingang zu sehen war. Generell machten wir in den kommenden Tagen die Erfahrung, dass auf Google Maps in der Medina kein Verlass war – zur groben Richtungsweisung war es super, aber nicht um wirklich das Ziel zu finden. Da half nur fragen. Am besten andere Touristen, so wie auch in diesem Fall.

Gegen 10 Uhr erreichten wir den Bahia-Palast. Für 70 Dirham durften wir die großzügige Anlage aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts betreten. Sie zählt heute zu einer der schönsten Sehenswürdigkeiten Marrakeschs, weshalb es nicht verwunderlich war, dass bereits einige Touristengruppen vor Ort waren. Der Ort erinnerte mich etwas an die Alhambra im spanischen Granada, eine Mischung aus andalusischer und maurischer Architektur. In den leeren Räumen lassen sich aufwändig geschnitzte Decken, kunstvolle Mosaike und feine Stuckarbeiten bewundern und man wünscht sich ein wenig, dass wenigstens einige Räume eingerichtet worden wären, um noch mehr vom alten Glanz zu erfahren. Der Palast ist von einem schön angelegten Garten umgeben, der schließlich zu einem beeindruckend großen Hof mit komplett marmoriertem Boden führt. Wir wären sicher etwas länger geblieben, allerdings nahm die Zahl der Touristen zusehends zu, weshalb wir nach anderthalb Stunden zum zehn Minuten entfernten El-Badi-Palast aufbrachen.

Hier war es wesentlich entspannter. Der Palast, aus dem Ende des 16. Jahrhunderts, war einst die größte und prächtigste Palastanlage Marokkos, nur ist davon nicht mehr viel geblieben. Dennoch lassen sich in den Ruinen noch die Dimensionen des Herrschaftssitzes erahnen.
Das weitläufige Areal wird durch ein großes Wasserbecken und kleinere, angelegte Gärten strukturiert. Einigen Räume werden vom Museum für Fotografie und visuelle Kunst genutzt und zeigen Bilder von zeitgenössischen Künstlern.
Auf den großen Lehmmauern, die den Palast vom Rest der Stadt abgrenzen, nisten seither viele Störche, welche sogar zu Namensgebern mehrerer Cafés und Restaurants in der Nähe geworden sind.
Wir spazierten durch die weitläufige Anlage und genossen den Ausblick über die Stadt und die Ruhe und Entspannung, da sich aufgrund der Größe des Areals die Besucher sehr gleichmäßig verteilen.

Unweit des El-Badi-Palastes befindet sich die Koutoubia-Moschee, deren Minarett fast von jedem Punkt der Stadt zu erspähen ist. Zwar darf die Moschee von Nicht-Muslimen nicht betreten werden, dennoch wollten wir uns das Gelände nicht entgehen lassen, da wir nun einmal in der Nähe waren. Wir folgten einer verkehrsreichen Straßen entlang, das Minarett stets im Blick.

Von dort aus war es nicht mehr weit bis zum Djemaa el Fna, dem zentralen Marktplatz. Während abends zahlreiche Garküchen, Künstler und Gaukler den Platz bevölkerten, boten tagsüber Händler ihre Waren zum Kauf an. Wir ließen uns auf einer der Terrassen am Rande des Platzes nieder und genossen bei Hähnchen mit Couscous und Zwiebeln den Ausblick, ehe wir durch die Gassen zurück zum Riad spazierten, um auf der Dachterrasse noch einige Stunden zu entspannen.

Gegen 18.30Uhr wollten wir uns mit Soufiane, einem Bekannten aus Chemnitz, treffen, von dem ich wenige Tage vor unserer Reise erfahren hatte, dass er zur gleichen Zeit in Marrakesch war wie wir. Und da er in Marrakesch aufgewachsen war, war es für uns natürlich interessant, mit jemandem die Stadt zu erkunden, der sich auskannte.
Der Treffpunkt lautete Dar El Bacha, laut Google Maps nur acht Minuten entfernt, auch wenn Soufiane meinte, wir könnten ja mit dem Taxi fahren. Da wir nicht wussten, was Dar El Bacha darstellte, stiefelten wir, dem Navi folgend, los. Nachdem wir eine ganze Weile einer recht langen Mauer gefolgt waren, hinter der sich Google zufolge dieses mysteriöse Dar El Bacha verbergen sollte, kam uns das Ganze etwas seltsam vor.
So fragten wir schließlich einen recht nett und vor allem vertrauenserweckend aussehenden Soldaten, der an einem der geschlossenen Tore der Mauer postiert war und sich gerade mit einem anderen Mann unterhielt.
Die Quintessenz war: Wir waren viel zu weit gelaufen und unser Treffpunkt war theoretisch ein Café mit diesem Namen und nicht das Museum hinter der Mauer. Eine vorherige genauere Beschreibung wäre durchaus hilfreich gewesen 😉 Aber dafür hatten wir Bekanntschaft mit dem sympathisch lächelnden Soldaten gemacht, der uns nach einigen Komplimenten wieder zurückschickte, da wir bereits an der Abzweigung zum Café vorbeigelaufen waren.

Trotz unseres Irrwegs warteten wir noch eine geraume Weile, bis schließlich Soufiane mit einem Freund zu uns stieß.
Dieser Freund entpuppte sich als hervorragender Fremdenführer, später stieß noch ein weiterer Freund der beiden zu uns. Gemeinsam schlenderten wir durch die belebten Gassen und den Markt. Es fühlte sich um einiges stressfreier an, mit den Dreien an unserer Seite. Wir wurden zwar weiterhin aus allen Richtungen angesprochen, aber da wir nun auch Leute hatten, die der Sprache mächtig waren, war es einfacher. Wir durchstöberten einen Laden, voll mit fein verzierten Lampen, lernten, wie man am besten aus einem drohenden Verkaufsgespräch entfloh und erstanden einige Gewürze.

Soufianes Freund wollte uns noch einige Sehenswürdigkeiten außerhalb der Medina zeigen, was nach seiner Aussage am besten mit der Pferdekutsche ging. Nahe des Djemaa el Fna wurden wir fündig. Dort standen dutzende Kutschen aufgereiht, wartend auf zahlende Kundschaft. Fasziniert beobachteten Jenny, Sofiane und ich, wie sein Freund umringt von den Kutschern über die Route verhandelte, dabei von einem zum nächsten ging, während ihm immer stets eine Handvoll Männer folgte.
Schließlich saßen wir gemeinsam in der engen Kutsche und los ging es in die Neustadt. Zu unserer Überraschung führte unsere Fahrt vorbei an noblen Hotels, die ich mit ihren Casinos und der prunkvollen Ausstattung viel mehr nach Las Vegas eingeordnet hätte, als nach Marrakesch.

In einem Restaurant plauderten wir bei Taijne mit Hackfleisch, über Gott und die Welt, die Zeit der drei in Deutschland und anderes.
Irgendwann verabschiedeten wir Soufianes Freund, der schon den ganzen Tag gearbeitet hatte und nun endlich nach Hause wollte, und schlenderten nun zu viert zurück Richtung Medina. Wir machten einen kurzen Umweg zum Bahnhof und zum Veranstaltungsort, wo gerade das Filmfestival in Marrakesch stattfand, der allerdings zu der nächtlichen Uhrzeit, es war bereits nach um 11, menschenleer war.
Natürlich hätten wir die 2,5km auch mit dem Taxi fahren können, aber da Soufiane uns in einer Anekdote bestätigte, dass die Taxifahrer hier alle verrückt seien, ließen wir diese Idee gar nicht erst zu, sondern gingen lieber zu Fuß. An der Stadtmauer zur Altstadt verabschiedeten wir uns schließlich von den beiden, bedanken uns für den schönen und interessanten Abend, ehe wir durch die leeren Straßen zurück zum Riad gingen.